Eine von den Eltern getroffenen und vom Gericht gebilligten Umgangsvereinbarung muss manchmal doch durchgesetzt werden, weil ein Elternteil sich nach der Verhandlung doch nicht an gerade getroffene Vereinbarung hält. So war es auch bei dem vom BGH zu entscheidenden Fall. Die Eltern haben folgende Vereinbarung getroffen, die vom Gericht gebilligt wurde:
"Der Vater hat das Recht, Amadeus an jedem zweiten Wochenende am Samstag von 10 Uhr bis 20 Uhr und am Sonntag von 10 Uhr bis 18 Uhr zu sich zu nehmen.
Der Umgang beginnt am Samstag, den 22. Mai 2010 ohne Sonntag, den 23. Mai 2010 (wegen Urlaubs von Amadeus mit der Mutter). Der nächste Umgang findet danach statt am Sonntag, den 13. Juni 2010 von 10 Uhr bis 18 Uhr, daran folgend laufend 14-tägig. Somit erstmals im 14-tägigen Turnus ab Samstag, den 19. Juni 2010 von 10 Uhr bis 20 Uhr und Sonntag, den 20. Juni 2010 von 10 Uhr bis 18 Uhr."
Da die Kindsmutter trotz dieser getroffenen Vereinbarung das Kind nicht an den Kindsvater herausgeben wollte, wurde die Vollstreckung eingeleitet. Dagegen wehrte sich die Mutter. U.a hat sie vorgetragen, die Vereinbarung sei gar nicht vollstreckungsfähig, da sie zu unbestimmt sei.
Der Bundesgerichtshof ist dem nicht gefolgt und hat stattdessen die nachfolgend (in Auszügen) dargelegten Grundsätze erstellt:
Die Vollstreckung in Kindschaftssachen ist zwar nicht aus bloßen Vereinbarungen der Beteiligten, aber nach § 86 Abs. 1 Nr. 2 FamFG aus einem solchen gerichtlich gebilligten Vergleich zulässig, (§ 156 Abs. 2 FamFG).
Mit der gesetzlichen Neuregelung der Vollstreckung in den §§ 86 ff. FamFG hat der Gesetzgeber die Voraussetzungen der Anordnung von Ordnungsmitteln ausdrücklich großzügiger geregelt, um die Effektivität der Vollstreckung von Umgangs- und Herausgabeentscheidungen zu erhöhen
Nach § 89 Abs. 1 FamFG kann das Gericht bei Zuwiderhandlungen gegen einen Vollstreckungstitel zur Herausgabe von Personen und zur Regelung des Umgangs gegenüber dem Verpflichteten Ordnungsgeld und für den Fall, dass dies nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft anordnen.
Ein vollstreckungsfähiger Inhalt im Sinne von § 89 Abs. 1 FamFG setzt deswegen lediglich eine hinreichend bestimmte und konkrete Regelung des Umgangsrechts voraus. Dafür ist eine genaue und erschöpfende Bestimmung über Art, Ort und Zeit des Umgangs erforderlich. Nicht erforderlich ist hingegen, dass der Umgangstitel detailliert bezeichnete Verpflichtungen des betreuenden Elternteils, insbesondere zum Bereithalten und Abholen des Kindes, enthält. Eine Vollstreckbarkeit des Umgangstitels entfällt . . . deswegen erst dann, wenn der Umgang nicht hinreichend nach Art, Ort und Zeit konkretisiert worden ist.
Gerichtliche Entscheidungen zum Sorge- und Umgangsrecht haben nach ständiger Rechtsprechung des Senats stets das Kindeswohl zu berücksichtigen. Entsprechend ist das Kindeswohl auch dann zu berücksichtigen, wenn die Eltern Einvernehmen über ein Umgangsrecht herbeigeführt haben und das Familiengericht nach § 156 Abs. 2 FamFG über eine gerichtliche Billigung zu entscheiden hat.
Widerspricht ein bestehender Umgangstitel dem Kindeswohl, steht es den Beteiligten frei, eine Abänderung des Titels zu beantragen. Daneben kann das Gericht auch von Amts wegen ein Abänderungsverfahren einleiten. Im Rahmen eines solchen Abänderungsverfahrens kann das Gericht gemäß § 93 Abs. 1 Nr. 4 FamFG jederzeit die Vollstreckung des ursprünglichen Titels einstweilen einstellen.
Auf dieser Prüfung im Erkenntnisverfahren baut die Vollstreckung nach §§ 86 Abs. 1 Nr. 2, 89 Abs. 1 FamFG auf. Eine erneute Prüfung der Rechtmäßigkeit der zu vollstreckenden Entscheidung findet grundsätzlich nicht statt.
Das Gericht hat somit die gerichtlich gebilligte Vereinbarung der Eltern als vollstreckungsfähig anerkannt und nicht weitere Anforderungen gestellt. Das neue Verfahrensrecht wollte auch gerade die Vollstreckung eines Umgangstitels erleichtern. Wichtig ist, dass die Umgangsvereinbarung vom Gericht gebilligt wird gem. § 156 Abs. 2 FamFG. Nur der gerichtlich gebilligte Vergleich stellt auch einen Vollstreckungstitel nach § 86 FamFG dar.
Beschluss des BGH vom 01.02.2012, AZ XII ZB 188/11.